Die derzeitige Corona-Pandemie stellt nahezu jedes Rechtsgebiet vor neue Herausforderungen.  Dies gilt ebenso für das deutsche Erbrecht, insbesondere im Bereich der Testamentserrichtung. Für Testierende kann sich die Testamentserrichtung aufgrund der Pandemie schwieriger gestalten. Auslöser für diese besonderen Umstände sind die Anordnungen von Ausgangssperren, Kontaktverboten und Quarantänen. Es stellt sich die Frage, ob das deutsche Erbrecht für die aktuelle Krisensituation gewappnet ist. Das Gesetz ermöglicht in „Krisensituationen“ die Errichtung eines Nottestaments. Obwohl sie in der gewöhnlichen Rechtspraxis eher selten vorkommen, könnten sie während der Pandemie eine wichtigere Rolle spielen. Inwiefern die Errichtung eines handschriftlichen oder öffentlichen Testaments beeinflusst wird und was unter einem sogenannten Nottestament zu verstehen ist, soll in diesem Beitrag kurz erläutert werden.

Auswirkungen auf das privatschriftliche und notarielle Testament

Die Corona-Pandemie hat auf die Errichtung privatschriftlicher Testamente aus §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB keine besonderen Auswirkungen. Dies liegt vor allem an der Flexibilität dieser Testamentsform. Das privatschriftliche Testament zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jeder Zeit und an jedem beliebigen Ort verfasst werden kann. Darüber hinaus werden an das Schreibmaterial keine besonders strengen Anforderungen geknüpft. Für die wirksame Errichtung eines privatschriftlichen Testaments aus § 2247 BGB, muss der testierfähige Erblasser seine letztwillige Verfügung eigenhändig niederschreiben und unterschreiben. Dies ist auch in Zeiten der Pandemie problemlos möglich.

Das öffentliche Testament aus §§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB ist eine weitere Testamentsform. Der Erblasser kann ein öffentliches Testament errichten, indem er seinen letzten Willen gegenüber einem Notar erklärt oder diesem eine Schrift mit der Erklärung übergibt. Unter gewöhnlichen Umständen sucht der Erblasser den Notar für die Errichtung des Testaments auf. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass der Notar den Erblasser aufsucht, wenn sich dieser in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung aufhält. In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten kann sich die Kontaktaufnahme zwischen den beiden Parteien schwieriger gestalten. Es kann dazu kommen, dass kein Notar erreichbar ist oder den Aufenthaltsort des Testierenden nicht betreten darf. In diesen Konstellationen sieht das Bürgerliche Gesetzbuch die Errichtung eines außerordentlichen Nottestaments gem. §§ 2249 ff. BGB vor. 

Was ist ein Nottestament? 

Das Nottestament ist eine außerordentliche Form des Testaments. Es kann verfasst werden, wenn die Errichtung vor einem Notar aufgrund bestimmter Gegebenheiten nicht möglich ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält insgesamt drei unterschiedliche Arten von Nottestamenten. 

Das Bürgermeistertestament aus § 2249 BGB ermöglicht die Errichtung eines Testaments durch die Niederschrift eines Bürgermeisters. Zuständig ist der Bürgermeister der Gemeinde, in welcher sich der Erblasser aufhält. Es wird vorausgesetzt, dass ein Testament durch einen Notar nicht mehr rechtzeitig aufgesetzt werden kann, da gem. § 2249 I BGB der baldige Tod des Erblassers befürchtet wird oder sich dieser in einem abgesperrten Gebiet aufhält gem. § 2250 I BGB. Der Bürgermeister übernimmt in diesen Fällen die Rolle der Urkundsperson. Für eine wirksame Errichtung muss die Niederschrift vor zwei weiteren Zeugen erfolgen. Des Weiteren muss sie vom Erblasser genehmigt und von allen Beteiligten unterschrieben werden. Für die Beurteilung der Todesgefahr kommt es auf die Sicht des Bürgermeisters an. Der Gültigkeit des Testaments steht nicht entgegen, dass die Besorgnis nicht begründet war. Das Bürgermeistertestament kann demzufolge eine wichtige Rolle spielen, wenn eine gesamte Gemeinde unter Quarantäne gestellt wird.

Die Errichtung eines Dreizeugentestaments aus § 2050 II BGB kommt in Betracht, wenn sich der Erblasser in derartiger Todesgefahr befindet, dass auch die Errichtung eines Testaments vor dem Bürgermeister nicht mehr möglich erscheint. Des Weiteren kommt es auch in Absperrungsfällen aus § 2250 I BGB in Betracht. Die Errichtung des Dreizeugentestaments erfolgt durch mündliche Erklärung des Erblassers vor drei Zeugen. Diese treten an die Stelle der amtlichen Urkundsperson und übernehmen die Beurkundungsfunktion. Außerdem sind sie für die korrekte Wiedergabe und Niederschrift des Erblasserwillens verantwortlich. Die drei Zeugen müssen während der Errichtung des Testaments ständig anwesend sein. Sie müssen aktiv an der Errichtung mitwirken. Ist einer der Zeugen während des Errichtungsaktes abwesend, verliert das Testament seine Gültigkeit. 

Bei der Errichtung eines Bürgermeister- oder Dreizeugentestaments gem. §§ 2249 ff. BGB sind Mitwirkungsverbote zu beachten, wonach der Erblasser selbst, Ehegatten und Verwandte in gerader Linie nicht als Zeugen herangezogen werden dürfen.

Das Seetestament aus § 2251 BGB ermöglicht die Errichtung eines Testaments auf See. Es setzt voraus, dass sich der Testierende an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet und seine letztwillige Verfügung vor drei Zeugen erklärt. Das Seetestaments setzt im Gegensatz zum Bürgermeister- und Dreizeugentestament keine Notlage voraus. Es muss somit keine Seenot oder Erkrankung vorliegen. Der Aufenthalt an Bord stellt bereits für sich genommen einen besonderen Umstand dar. Befindet sich der Erblasser an Bord eines ausländischen Schiffs, kann er sowohl nach deutschem Heimatrecht als auch nach dem Recht des Staats, unter dessen Flagge das Schiff fährt, testieren. In Bezug auf die aktuelle Pandemie kommt ein Seetestament nur dann in Betracht, wenn eine komplette Besatzung auf einem Schiff unter Quarantäne gestellt wird.

Wie lange bleibt ein Nottestament wirksam?

Ein Nottestament verliert gem. § 2252 BGB seine Gültigkeit, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt. Aus den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann sich jedoch auch eine längere Gültigkeitsdauer ergeben. 

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das deutsche Erbrecht für die aktuelle Krisensituation gewappnet ist. Es bietet Testierenden auch während der Pandemie die Möglichkeit ein wirksames Testament zu errichten. Erblasser sollten jedoch bei der Errichtung eines Nottestaments die kurze Gültigkeitsdauer im Hinterkopf behalten.

Haben Sie noch weitere Fragen zu diesem oder einem anderen erbrechtlichen Thema? Dann vereinbaren Sie schnell einen Termin für Ihre Erstberatung. Als Fachanwälte des Erbrecht beraten wir Sie gern. 

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