Welche erbrechtlichen Konsequenzen hat die Eheauflösung auf die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments? – Dieses Thema wird von Ehegatten bei der Testamentserrichtung entweder gekonnt ignoriert oder komplett vergessen. Die Wichtigkeit dieses Themas wird jedoch deutlich, wenn man sich die Statistiken zur Scheidungsrate in Deutschland vergegenwärtigt. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland knapp 150.000 Ehen geschieden. Bei dieser hohen Anzahl ist es umso wichtiger, die Folgen einer Eheauflösung für das gemeinschaftliche Testament zu kennen.

Die meisten Eheleute errichten im Laufe ihrer Ehe ein gemeinschaftliches Testament §§ 2265ff. BGB. Die beliebteste Variante ist das sogenannte „Berliner Testament“. Die Motive für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sind vielfältig. Die Hauptbeweggründe sind: die Erwartung, dass die Ehe bis an das Lebensende besteht, die familiäre Bindung und die finanzielle Absicherung des Ehegatten im Todesfalle.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält in § 2268 BGB eine Regelung zur Unwirksamkeit gemeinschaftlicher Testamente bei Auflösung der Ehe. Nach dieser Vorschrift ist das Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.

Das Gesetz knüpft die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments an die Aufhebung der Ehe an. Hinter dieser Regelung steckt der Gedanke, dass die ehemaligen Eheleute nicht gemeinsam testiert hätten, wenn sie das Scheitern der Ehe vorhergesehen hätten. Mit der Scheidung ändert sich meistens auch die Interessenlage der Testierenden, weil die Grundlage ihres gemeinschaftlichen Testaments wegfällt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sind sie dann nicht mehr daran interessiert, vom ehemaligen Ehepartner beerbt zu werden. Es lässt sich also festhalten, dass das Gesetz die Interessen der Betroffenen hinreichend berücksichtigt.

Aus rechtlicher Sicht erspart die Regelung aus § 2268 BGB eine Anfechtung des gemeinsamen Testaments durch die ehemaligen Ehegatten und somit zugleich rechtlichen Aufwand.

Wo es eine Regel gibt, gibt es aber auch eine Ausnahme

Die Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments können ausnahmsweise auch noch über die Auflösung der Ehe hinaus fortwirken. Die Fortgeltung kann entweder durch die Ehegatten ausdrücklich im Testament vereinbart oder durch Auslegung ermittelt werden. Dann bleibt das gemeinschaftliche Testament auch nach der Eheauflösung wirksam. An diese Ausnahme sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen, sodass eine Fortgeltung in der Rechtspraxis eher selten vorkommt.

Wird eine wirksame Scheidung vorausgesetzt?

Grundsätzlich findet die Regelung aus § 2268 BGB nur bei einer wirksamen Scheidung gem. § 1564 BGB Anwendung. Eine wirksame Scheidung setzt einen Richterspruch voraus, welcher wiederum einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Die Dauer einer Scheidung kann von den Ehegatten nicht beeinflusst werden, weswegen ihnen auch kein Nachteil daraus entstehen darf. Aus diesem Grund lockert das Gesetz die Voraussetzung der Scheidung auf. Für die Anwendung des § 2268 BGB reicht es aus, wenn der Erstverstorbene einen Scheidungsantrag gestellt, er als Antragsgegner dem Antrag zugestimmt oder er eine begründete Aufhebungsklage erhoben hat. Diese Alternativen zur wirksamen Scheidung durch Richterspruch sollen eine gesetzliche Benachteiligung der Ehegatten verhindern.

Lebt das alte Testament der ehemaligen Ehegatten im Falle einer Wiederheirat erneut auf?

In dem höchstseltenen Fall einer Wiederheirat derselben Personen bleibt das alte Testament in aller Regel unwirksam. Es kommt nicht zu einem Wiederaufleben des alten gemeinschaftlichen Testaments, wenn dies nicht ausdrücklich festgehalten wurde oder durch Auslegung eindeutig ermittelt werden kann. Dies liegt daran, dass eine Wiederheirat keine Wiederherstellung der alten Ehe, sondern die Begründung einer neuen Ehe darstellt, obwohl es sich um dieselben Beteiligten handelt. Ein Wiederaufleben wäre mit zahlreichen erbrechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Vor allem dann, wenn ein Ehegatte nach der Scheidung weitere letztwillige Verfügungen getroffen hat. Hier stellt sich dann die Folgefrage, welche Verfügungen wirksam und welche unwirksam sind.

Sie haben noch weitere Fragen zur Wirksamkeit von Testamenten oder einem anderen erbrechtlichen Thema? Dann vereinbaren sie einen Termin für Ihre Erstberatung. Als Fachanwälte auf dem Gebiet des Erbrechts beraten wir Sie gern.

1 Antwort
  1. Annika Schmidt
    Annika Schmidt sagte:

    Eine Bekannte von mir lässt sich scheiden. Daher ist es gut zu wissen, dass § 2268 BGB eine einfache Lösung für gemeinsame Testamente regelt. Ich finde es auch gut, dass dann keine Anfechtung des Testaments notwendig ist. Ich werde meiner Bekannten trotzdem raten, das mit einem Rechtsanwalt für Scheidung zu besprechen.

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