Viele Eltern nutzen Belohnungen, um die Motivation ihrer Sprösslinge zu fördern. Möglicherweise bekommt die Tochter 1000,- Euro, wenn sie bis zu ihrem 18. Geburtstag nicht raucht oder der Sohn einen Urlaub in Spanien spendiert, wenn im Schulzeugnis die Anzahl der Einsen stimmt.

In einem Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte, sah ein Vater vor, seinem Sohn einen Sportwagen zu schenken, wenn dieser seine Ausbildung abschließen würde. Zweifelhaft erschien jedoch das Ziel des Vaters, der wohl nicht nur die Karriere seines Sohnes im Auge hatte.

Der Vater hatte sich einen Nissan GTR X gekauft. Sein sportwagen-begeisterter Sohn war von dieser Anschaffung sehr angetan. Der Vater bot ihm deshalb an seinem 18. Geburtstag an, ihm diesen Wagen zum 25. Geburtstag zu schenken, wenn dieser seine Ausbildung und seinen Meister zum Zahntechniker mit Bestnote abschließe. Außerdem sollte der Sohn dafür auf seinen Pflichtteil verzichten – auch wenn er die Bedingungen nicht erfülle. Nachdem Vater und Sohn am selben Tag den notariell beurkundeten Vertrag schlossen, bereute es der Sohn alsbald und forderte den Vater auf, den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB aufzuheben.

In seinem Urteil vom 08.11.2016 zum Az. 10 U 36/15 gab das OLG Hamm dem Sohn Recht.

Der geschlossene Vertrag sei sittenwidrig:

Die Vereinbarung habe ein deutliches Ungleichgewicht: Sollte der Sohn die Ausbildungsbedingungen erfüllen, so stünde ihm kein Pflichtteil mehr zu – sollte er die Bedingungen nicht erfüllen, so stünde er ihm ebenfalls nicht mehr zu.
Darüber hinaus sei der wirtschaftliche Nutzen des Geschäfts unseriös, nachdem der Vater ein Vermögen von 2 Mio. Euro habe und der Wert des Wagens bis zu dem 25. Geburtstag reichlich sinken würde.
Zudem kritisierte das Gericht, dass die berufliche Wahl des Sohnes durch die Vereinbarung eingeschränkt werde und eine Neuorientierung, ob sinnvoll oder nicht, ausgeschlossen sei.

Doch nicht nur den Inhalt des Vertrags stufte das Gericht als sittenwidrig ein:

Auch der Rahmen des Vertragsschlusses sei höchst fragwürdig. So habe er den Vertrag am 18. Geburtstag des Sohnes als Geschenk „verpackt“, was den geschäftsunerfahrenen Sohn hinsichtlich der damit verbundenen Nachteile geblendet habe.
Außerdem sei davon auszugehen, dass der Vater bewusst die Volljährigkeit seines Kindes abgewartet habe, damit er nicht die Zustimmung der getrennt lebenden Mutter oder die Genehmigung des Familiengerichts benötigte
, die er nicht bekommen hätte.

Insgesamt habe der Vater nicht den Eindruck erweckt, dass es ihm um den Ansporn seines Sohnes gegangen sei. Wäre dem so gewesen, hätte er die Vereinbarung über den Pflichtteilsverzicht auch weglassen können. Es sei für die Annahme einer Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nicht nötig, in Schädigungsabsicht zu handeln. Es genüge die Kenntnis der Umstände, die eine Sittenwidrigkeit begründen. Diese Kenntnis habe der Vater gehabt.

Abschließend kann man sagen, dass der Sohn zwar blauäugig beim Abschluss des Vertrages war – er jedoch durch den Prozess aus seinem Fehler gelernt haben sollte.

Damit Sie nicht Ähnliches erleben müssen, beraten wir Sie gerne im Vor- und Nachfeld eines Pflichtteilsverzichts.

Weitere Informationen zum Thema Pflichtteilsverzicht.

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