So sinnvoll die Delegation von Aufgaben an mehrere Personen sein kann – manchmal ist es beruhigend, alle wichtige Angelegenheiten in einer kompetenten und vertrauenswürdigen Hand zu wissen.

Ähnliches dachte sich vermutlich die Erblasserin in folgendem Fall:

Während eines Scheidungsverfahrens wurde die Erblasserin schwer krank. Ihre Vertrauensperson stellte in dieser Zeit ihr Bruder dar. Diesem erteilte sie sogar eine Generalvollmacht nebst Betreuungs- und Patientenverfügung.

Im Rahmen eines Geschiedenentestaments setzte sie ihre beiden Kinder als Vorerben ein. Ihren Bruder, betraute sie hierbei mit zwei wichtigen Aufgaben: Sie bestellte ihn sowohl zum Testamentsvollstrecker als auch zum Ergänzungspfleger für das ererbte Vermögen der Kinder.

Nachdem die Mutter aufgrund ihrer Krankheit verstarb, widersprach eines der Kinder, das zu diesem Zeitpunkt bereits 17 Jahre alt war, der Einsetzung des Onkels als Ergänzungspfleger. Aufgrund des Widerspruchs bestimmte das Familiengericht das Jugendamt zum Ergänzungspfleger. Zudem lehnte das Familiengericht die Besetzung der Rolle als Testamentsvollstrecker und Ergänzungspfleger durch dieselbe Person ab. Damit schloss es sich der Auffassung des OLG Schleswig an, das bereits in einem ähnlichen Fall geurteilt hatte (23.03.2007, Az. 8 WF 191, 195/06 ) und zu dem Ergebnis kam, dass mit dieser Aufgabenverteilung stets eine Interessenkollision zulasten der Fürsorgepflicht einhergehe.

Der Bruder der Erblasserin erhob gegen diesen Beschluss Beschwerde vor dem OLG Hamm – ohne Erfolg.

In seinem Beschluss vom 15.05.2017 (Az. 7 WF 240/16) stellte das Gericht fest, dass es zwar möglich sei, dieselbe Person sowohl zum Testamentsvollstrecker als auch zum Ergänzungspfleger zu bestellen.

Dabei stütze sich das OLG auf die Rechtsprechung des BGH, der diese Besetzung ebenfalls zulässt, sofern nicht anzunehmen ist, dass eine Interessenkollision besteht, sodass die Belange des Kindes in Bezug auf den Nachlass nicht ordnungsgemäß wahrgenommen werden.

Allerdings sei der Widerspruch des 17-jährigen Kindes beachtlich. Der ausdrückliche Widerspruch eines fast volljährigen Erben (nach §§ 1917 Abs. 2, 1778 Abs. 1 Nr. 5 BGB) führe gem. § 1917 Abs. 1 S. 1 BGB dazu, dass das Gericht an die im Testament erfolgte Benennung dieser Person bei der Pflegerauswahl nicht mehr gebunden sei.

Eine Fremdbeeinflussung der Willensbildung durch den fast volljährigen Erben sei nicht feststellbar gewesen, sodass dessen Wille erheblich sei. Im Rahmen des vom Gericht auszuübenden Auswahlermessens sei nicht zu beanstanden, dass das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestimmt wurde.

Die Oberlandesgerichte Schleswig 2007 und Nürnberg 2002 lehnten die Personenidentität bei Testamentsvollstrecker und Ergänzungspfleger noch bis zum Jahr 2007 ab. Nachdem der BGH nun aber im Jahr 2008 entschied, dass diese Konstellation möglich sei, ist anzunehmen, dass weitere Gerichte diese Richtung einschlagen werden.

Jedenfalls wurde durch dieses Urteil ein erster Schritt zur einheitliche Rechtsprechung in dieser Frage gemacht.

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